Sie sind die eigentlichen Maskottchen des Eidgenössischen Jubiläums-Schwingfestes: die liebevoll geschnitzten Ehrendamen, Sennen, Kühe, Geissen oder der Sennenhund. Ihr «Vater» ist Sämi Frick. Der Landwirt ist jedem Kind bekannt, das schon einmal im Reka-Dorf in Urnäsch AR zu Gast war. Sämi ist dort nämlich als Kutscher tätig und kennt die Vornamen von über 3000 Kindern auswendig. Der stolze zwanzigfache Grossvater liebt den Trubel an seinem Arbeitsort. Ruhe findet Sämi Frick immer dann, wenn er seinem Hobby, dem Schnitzen, frönt.

Wer dem 62-Jährigen dabei über die Schulter blickt, hält es kaum für möglich, dass diese klobigen und furchigen Hände aus einem Holzklötzchen so feingliedrige Figuren zaubern können. Seine ersten Schnitzversuche unternahm Sämi Frick vor über dreissig Jahren. Damals begann er, für die Haube seines Silvesterchlaus-Kostüms, bäuerliche Szenen mit Holzfiguren darzustellen. In den Folgejahren wurde Sämi Frick von seinen Brüdern, die gemeinsam den «Waisenhaus-Schuppel» bilden, stets damit beauftrag, für sämtliche Hauben der Chlausegruppe die Figuren anzufertigen. Das bedeutet konkret: Siebzig bis achtzig Figuren hat Sämi jeweils für eine neue Hauben-Garnitur zu schnitzen.

Diese Holzfigürchen sind typisch für das Appenzellerland. Auch heute noch thront auf so manchen Ausser- und Innerrhoder Stubenmöbeln ein sogenanntes Senntum – ein Alpaufzug in Miniaturform. Einer der bekanntesten Sammler dieser Kunsthandwerk-Objekte ist alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz aus Herisau AR. Auch in den Wohnzimmern von Sämi Fricks sieben Kindern steht ein geschnitztes Senntum – aus den Händen ihres Vaters, versteht sich. «Das sind immer begehrte Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke. Mittlerweile habe ich begonnen, ihnen Krippenfiguren zu schnitzen», erzählt das Urnäscher Dorforiginal.

2018 müssen Sämis Kinder und Enkel wohl auf geschnitzte Geschenke verzichten. Denn der 62-Jährige arbeitet intensiv an den Maskottchen für das Eidgenössische Jubiläums-Schwingfest 2020. Das Sujet-Repertoire entspricht bis auf wenige Ausnahmen demjenigen, eines Alpaufzuges. Kleine schwing-spezifische Abweichungen gibt es aber. So fertigt der Ausserrhoder Ehrendamen in der Innerrhoder Werktagstracht. Dafür schielt er beim Schnitzen immer wieder auf die Fotovorlage – schliesslich soll am Ende jedes noch so kleine Detail stimmen. Acht bis zehn Stunden arbeitet Sämi an einer Ehrendame. Weitaus die kleinere Herausforderung stellen für den Landwirt die Ziegen, Kühe oder der Appenzeller Sennenhund dar. Und sollte er sich an gewisse Bewegungen oder Ausdrücke nicht erinnern können, macht Sämi kurzerhand eine Stippvisite im Stall.

Beim Schnitzen schwört Sämi auf frisches Lindenholz: Es ist weich, reisst nicht, und es lässt sich gut kerben, schmirgeln, beizen und bemalen. Die groben Umrisse sägt er mit einer Bandsäge aus. Danach erweckt er die Rohlinge mit Hilfe von Aale, Stechbeitel und Schnitzmesser zum Leben. Sind sie fertig geschnitzt, werden die Figuren gebeizt und anschliessend von Sämis Frau Elsbeth in Feinarbeit bemalt. Nun sind die Ehrendamen, Talerschwinger und Jodler bereit für ihren grossen Auftritt: Sie sind die treuen Begleiter auf dem Weg hin, bis zum 30. August 2020, wenn in Appenzell das 125-jährige Jubiläum des Eidgenössischen Schwingerverbandes zelebriert wird.